5. Aachener Parodontologischer Fortbildungsabend

„Regenerative Verfahren im Fokus“

Mit dem Titel "Rekonstruktive Parodontalchirurgie – Das Berner Konzept" fand am 22.11.2017 der fünfte Aachener Parodontologische Fortbildungsabend statt. Die Veranstalter Prof. Dr. Jamal M. Stein und Dr. Christian Hammächer legten den diesjährigen Schwerpunkt ganz auf die regenerative Parodontaltherapie, den der Präsident elect der Europäischen Gesellschaft für Parodontologie (EFP) Prof. Dr. mult. Anton Sculean (Bern) als diesjähriger Gastreferent vollumfangreich ausfüllte.

Welche parodontalen Defekte können bis zu welchem Ausmaß voraussagbar regenerativ behandelt werden? Welche Langzeitergebnisse sind zu erwarten? Wie und mit welchen Mitteln können wir voraussagbar parodontale Rezessionen decken? Diese und weitere Fragen beantwortete Prof. Sculean auf dem diesjährigen Aachener Parodontologischen Fortbildungsabend und stellte mit dem "Berner Konzept zur rekonstruktiven Parodontalchirurgie" Möglichkeiten und Grenzen der regenerativen Therapie im Hart- und Weichgewebe vor.

5. Aachener Parodontologischer Fortbildungsabend     „Regenerative Verfahren im Fokus“

Zunächst betonte der Referent die Zielstellung der parodontalen Therapie, Sondierungstiefen (ST) von maximal 5 mm anzustreben. Das Verbleiben von Parodontien mit ST von > 6 mm, insbesondere solcher mit tiefen Knochentaschen, erhöht nachweislich das Risiko eines Zahnverlusts. Die Möglichkeit der regenerativen Therapien sollte dabei stets in Betracht gezogen werden. Allerdings sollte die Indikation auf tiefe infraalveoläre Defekte bei Nichtrauchern mit sehr guter Plaquekontrolle beschränkt werden. Dabei gilt: je mehr Knochenwände vorliegen, um so besser ist das regenerative Potential. Neben dem Einsatz von resorbierbaren und nicht-resorbierbaren Membranen werden nach dem Berner Konzept insbesondere bovine Knochenersatzmaterialien, aber auch autologe Transplantate und biologische Faktoren in Betracht gezogen. Für autologe, allogene und xenogene Materialien kann eine klinische und histologische Evidenz für eine Regeneration bestätigt werden, während für alloplastische Füller histologisch keine echte Regeneration nachgewiesen werden konnte. In den meisten Fällen werden Schmelzmatrixproteine (Emdogain) allein (für schmale Defekte) oder kombiniert mit Füllern (für breitere Defekte) eingesetzt. Dabei zeigen Daten aus einer klinischen Studie von Prof. Sculean, dass auch bei einwandigen Defekten die Kombination aus Schmelzmatrixproteinen mit bovinen Ersatzmaterialien ähnliche gute Ergebnisse erzielt werden wie durch die Kombination von bovinen Füllern mit resorbierbaren Membranen. Wichtig sei bei der Applikation von Emdogain das Aufbringen auf eine blut- und speichelfreie Wurzeloberfläche, wobei bei breiten Defekten Emdogain und Knochenersatzmaterialien in abwechselnden Schichten in den Defekt gefüllt werden, dabei allerdings eine suprakrestale Überfüllung vermieden werden sollte.

Der Referent zeigte anhand einer Vielzahl von klinischen Fällen, dass auch prognostisch ungünstige Zähne, im Einzelfall sogar Knochendefekten mit Involvierung der Apex, erhalten werden können. Mit eigenen Daten aber auch anhand von Langzeitstudien italienischer Arbeitsgruppen demonstrierte der Referent die Stabilität regenerativer Verfahren über einen Zeitraum von 10, teilweise 20 Jahre, sofern die unterstützende Parodontitistherapie gewährleistet ist.

In einem weiteren Vortrag wurden Maßnahmen zur Deckung parodontaler Rezessionen vorgestellt. Obgleich die mittlerweile auf dem Markt verfügbaren Kollagenmatrices als Bindegewebsersatz vielversprechende Ergebnisse zeigen und auch mit Schmelzmatrixproteinen kombiniert werden können, bleibt aus Sicht des Referenten das Bindegewebstransplantat - insbesondere für singuläre und multiple Rezessionen im Unterkiefer - das Mittel der Wahl. Dabei werden in den meisten Fällen tunnelierende Techniken angewendet. Neben dem „modifizierten koronal verschobenen Tunnel“ wird bei Patienten mit sehr tiefen Rezessionen ein sogenannter „doppelt laterale Tunnel“ präpariert, bei welchem die keratinisierte Gingiva in tunnelierender Weise von mesial und distal „inzisionsfrei“ mobilisiert wird, um die freiliegende Wurzeloberfläche zu decken. Für multiple Rezessionen werden häufig beide Verfahren kombiniert, wodurch sehr gute und stabile Ergebnisse erzielt werden können.

5. Aachener Parodontologischer Fortbildungsabend „Regenerative Verfahren im Fokus“ Hörsaal

Abgerundet wurde der Abend mit der Thematik "periimplantäre Infektionen". Prof. Sculean wies zunächst auf eine Vielzahl von Studien hin, die konsistent zeigen, dass Patienten mit einer Parodontits-Historie ein deutlich erhöhtes Risiko für periimplantäre Infektionen haben, die sich häufig allerdings erst nach 6-7 Jahren zeigen. Für die Therapie stehen nichtchirurgische und chirurgisch regenerative und resektive Maßnahmen zur Verfügung. Für die nichtchirurgische Therapie zeigte der Referent vielversprechende Ergebnisse einer Studie zur Anwendung einer Kombination aus periimplantärer Kürettage mit Anwendung eines Dioden-Lasers. Bei der chirurgischen Therapie muss je nach Tiefe des Knochendefekts zwischen regenerativen Maßnahmen für die Behandlung tiefer periimplantärer Knochendefekte und resektiven Maßnahmen abgewogen werden. Die Dekontamination der Implantatoberfläche kann dabei mittels Laser, PDT oder Pulverstrahlgeräten erfolgen. Für regenerative Therapien resultieren Knochenersatzmaterialien mit und ohne Membranen zu durchaus stabilen Ergebnissen, auch wenn histologische Daten zeigen, dass eine Reosseointegration nicht voraussagbar möglich ist.

Es bleibt die Hauptaufgabe, periimplantäre Infektionen zu vermeiden, vor Implantatinsertionen die parodontale Therapie abzuschließen und nach der Periimplantitistherapie Patienten in eine engmaschige UPT zu nehmen.

Nach der regen anschließenden Diskussion klang der ausgebuchte Fortbildungsabend in geselligen Runden mit kollegialen Gesprächen und durchweg positiver Resonanz aus. Der 6. Parodontologische Fortbildungsabend ist bereits für November 2018 geplant.

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